Vor 145 Jahren:
10. 09. 1874: [Norwich-Thorpe, Großbritannien] Am Abend des Tages ist ein Postzug mit Personenbeförderung, der aus einer Lokomotive und 14 Wagen besteht, von denen ein Teil aus Lowestoft, ein anderer aus Yarmouth kommt, nach London unterwegs. In der Gegenrichtung fährt ein Schnellzug, ebenfalls mit einer Dampflokomotive und 15 Personenwagen. Der Fahrplan sieht für den hier eingleisigen Streckenabschnitt vor, dass der Postzug im Kreuzungsbahnhof Brundall den entgegenkommenden Schnellzug abwarten und passieren lassen soll, bevor er selbst seine Fahrt fortsetzt. An diesem Abend hat der Schnellzug Verspätung.
Aufgrund von Nachlässigkeiten bei der Kommunikation zwischen dem Fahrdienstleiter und dem Telegrafisten in Norwich-Thorpe erhält der Bahnhof Brundall die Zustimmung, den Postzug in die eingleisige Strecke einfahren zu lassen. Die Zustimmung ist nicht vom Fahrdienstleiter unterschrieben, der sich deshalb auch darauf verlässt, dass sie von dem Telegrafisten nicht abgesandt worden war, ohne das noch einmal zu überprüfen, als er seine Entscheidung revidiert und den Schnellzug auf die Strecke schickt. Der Telegrafist hat die Zustimmung aber gleichwohl abgesandt und die „Unterschrift“ in dem Telegramm mit angegeben. Zudem bleibt die Antwort aus Brundall, dass der Postzug sich auf die Strecke begeben habe, aus ungeklärter Ursache sechs Minuten im Büro des Telegrafisten unbearbeitet liegen, bevor sie an den Fahrdienstleiter weitergereicht wird. In diesen sechs Minuten trifft der Schnellzug in Norwich ein und erhällt ebenfalls die Genehmigung zur Weiterfahrt. Somit halten beide Lokführer einen Fahrbefehl in der Hand, begeben sich auf die Strecke und versuchen, mit höchst möglicher Geschwindigkeit Zeit zu gewinnen, um die entstandene Verspätung zu reduzieren und den vermeintlich wartenden, entgegenkommenden Zug möglichst wenig zu behindern. Es ist bereits dunkel, es regnet und die Unfallstelle liegt in einer leichten Kurve, so dass die Lokomotivpersonale die gegenseitigen Spitzensignale bis kurz vor dem Zusammenstoß nicht erkennen und nicht mehr bremsen können.
Die Lokomotiven treffen gegen 21 Uhr 45 aufeinander. Nachträglich wird geschätzt, dass der Postzug mit etwa 50 km/h, der Schnellzug mit etwa 35 km/h unterwegs war. Beim Aufeinandertreffen der Züge wird die Schnellzuglokomotive auf die des Postzuges geschoben und die ersten Wagen beider Züge werden an diesem Hindernis zertrümmert. Die Trümmer der Fahrzeuge türmen sich pyramidenförmig auf. Lediglich die letzten Wagen beider Züge bleiben im Gleis, die letzten des Schnellzuges auf einer Holzbrücke, die den Fluss Yare überquert. Ein um wenige Sekunden anders abgelaufener Unfall hätte auf der Brücke stattgefunden, was die Zahl der Opfer unter den Passagieren vervielfacht hätte.
Der Unfall zeigte, dass eine Streckensicherung im Zugmeldeverfahren relativ hohe Risiken barg, wenn es zu einem – nie auszuschließenden – Kommunikationsfehler der Beteiligten kam und dass technische Sicherungen, die sicherstellten, dass sich immer nur ein Zug in einem Blockabschnitt befand, erforderlich waren. Als einzige Alternative war bis zu diesem Zeitpunkt nur das „Stafettensystem“ (Token) bekannt. Das „Stafettensystem“ wurde zwischen Brundall und Norwich wegen der zahlreichen Sonderzüge nicht eingesetzt, die mit Frischfisch von der Küste unregelmäßig, aber gehäuft und immer nur in einer Richtung (sowie gleichermaßen die Leerzüge in der Gegenrichtung) unterwegs waren und dann keinen unmittelbaren Gegenzug hatten, der den gegenständlichen Fahrbefehl wieder zurückbefördern konnte.
Veranlasst auch durch diesen Unfall und die bekannten Nachteile des „Stafettensystems“ entwickelte der Ingenieur Edward Tyer das Electric Tablet System, bei dem nur derjenige Lokführer in einen Block einfahren darf, der im Besitz eines Schlüssels ist, der ihm vor Einfahrt in den Block übergeben wird. Solange er im Besitz des Schlüssels ist, kann der Sicherungsanlage kein zweiter Schlüssel entnommen werden. Nach Durchfahren des Blocks wird dieser bei der Ausfahrt dort wieder in die Anlage gesteckt. Erst dann kann wieder ein Schlüssel aus der Anlage gelöst werden, mit dem ein anderer Lokführer den Block befahren darf.
Opferbilanz: 25 Tote, darunter beide Lokmannschaften und 75 Verletzte.
Dies war der folgenreichste Frontalzusammenstoß zweier Züge auf einer eingleisigen Strecke in Großbritannien bis zu diesem Zeitpunkt.
Quelle: Boris Chomenko
Vor 65 Jahren:
09. 09. 1954: [Odendaalsrust, Südafrika] Ein Eisenbahn-Unfall der eher ungewöhnlichen Art. In einem Bergwerk (Loraine Mine) in Odendaalsrust stürzt in 1540 m Tiefe ein mit Stahl beladener Stollenzug mitsamt Lok in einen Förderschacht und zertrümmert dabei einen Förderkorb, in dem sich 72 Bergleute befinden. Angesichts des ungewöhnlichen Ortes des Unglücks ist die Opferzahl erstaunlich niedrig.
Opferbilanz: 10 Tote, 3 Verletzte.
Vor 30 Jahren:
11. 09. 1989: [Bezirk Neunkirchen, NÖ] Auf einer eingleisigen Strecke im Bezirk Neunkirchen stoßen ein Schienenbus und ein Regionalzug zusammen.
Opferbilanz: 2 Tote, 13 Verletzte, darunter einige Schwerverletzte.
Anmerkung: Die Angaben auf Wikipedia sind sehr vage. Ich gehe davon aus, dass es sich bei der betreffenden Strecke um die Puchberger Bahn handelt. Über ewaige Hinweise bin ich dankbar.
Vor 20 Jahren:
03. 09. 1999: [Obergrafendorf, NÖ] Auf der Krumpe entgleist bei Obergrafendorf ein Triebwagen.
Opferbilanz: 2 Schwer-, 4 Leichtverletzte.
Anmerkung: Laut Wikipedia war der Tw mit 5! Personen besetzt. Das passt mit der Verletztenzahl nicht ganz zusammen.
07. 09. 1999: [Mühldorf, Kärnten] Auf der Tauernbahn stoßen im Bhf. Mühldorf zwei Güterzüge zusammen.
Opferbilanz: 1 Toter, 1 Leichtverletzter (beide Tfzf).
Quellen: Katastrophen auf Schienen von Peter Semmens, Transpress Verlag, Stuttgart 1996 und Wikipedia - Liste schwerer Unfälle im Schienenverkehr.