Es ist wie verhext. Schon wieder gibts pünktlich zum Beginn der Spielwarenmesse schlechte Nachrichten über Märklin. Vor einem Jahr überschattete der Insolvenzenzantrag des hochverschuldeten Göppinger Traditionsunternehmens die Vorstellung der Neuheiten in Nürnberg. Dieses Mal ist es der mit harten Bandagen geführte Zwist zwischen Chefetage und Betriebsrat.
Märklin-Geschäftsführer Kurt Seitzinger will offenbar allen Ernstes seinem Betriebsratschef Dieter Weißhaar fristlos kündigen, als ob die Firma nicht schon genug Probleme am Hals hätte. Mal ganz abgesehen davon, dass so ein Schritt die rund 500 Märklin-Mitarbeiter in Göppingen nicht gerade motivieren wird, ist die Begründung des Geschäftsführers fragwürdig und mit Sicherheit vorgeschoben. Immerhin wurde die Zulage, die jetzt als Kündigungsgrund herhalten muss, auch unter Seitzingers Ägide ein ganzes Jahr lang anstandslos bezahlt. Zurecht. Schließlich ist ein Ausgleich für entgangene Schichtzulagen nicht verwerflich.
Als Indiz für die Bestechlichkeit des Betriebsratschefs taugt die Zulage schon deswegen nicht, weil der ganz offensichtlich nicht nach der Pfeife der Chefetage tanzt. Im Gegenteil: Er macht sich auch in schwierigen Zeiten für die Interessen der Mitarbeiter stark. Das mag die Arbeit des Geschäftsführers erschweren, ist aber kein Grund, zu derartigen Methoden zu greifen. Vor dem Arbeitsgericht dürfte diese Kündigung kaum durchgehen. JOA SCHMID