Märklin-Chef will Betriebsrat-Vorsitzenden fristlos kündigen

  • Es ist wie verhext. Schon wieder gibts pünktlich zum Beginn der Spielwarenmesse schlechte Nachrichten über Märklin. Vor einem Jahr überschattete der Insolvenzenzantrag des hochverschuldeten Göppinger Traditionsunternehmens die Vorstellung der Neuheiten in Nürnberg. Dieses Mal ist es der mit harten Bandagen geführte Zwist zwischen Chefetage und Betriebsrat.

    Märklin-Geschäftsführer Kurt Seitzinger will offenbar allen Ernstes seinem Betriebsratschef Dieter Weißhaar fristlos kündigen, als ob die Firma nicht schon genug Probleme am Hals hätte. Mal ganz abgesehen davon, dass so ein Schritt die rund 500 Märklin-Mitarbeiter in Göppingen nicht gerade motivieren wird, ist die Begründung des Geschäftsführers fragwürdig und mit Sicherheit vorgeschoben. Immerhin wurde die Zulage, die jetzt als Kündigungsgrund herhalten muss, auch unter Seitzingers Ägide ein ganzes Jahr lang anstandslos bezahlt. Zurecht. Schließlich ist ein Ausgleich für entgangene Schichtzulagen nicht verwerflich.

    Als Indiz für die Bestechlichkeit des Betriebsratschefs taugt die Zulage schon deswegen nicht, weil der ganz offensichtlich nicht nach der Pfeife der Chefetage tanzt. Im Gegenteil: Er macht sich auch in schwierigen Zeiten für die Interessen der Mitarbeiter stark. Das mag die Arbeit des Geschäftsführers erschweren, ist aber kein Grund, zu derartigen Methoden zu greifen. Vor dem Arbeitsgericht dürfte diese Kündigung kaum durchgehen. JOA SCHMID

    Quelle: http://www.swp.de/goeppingen/lok…/art5583,351360

  • Betriebsratsaffäre: Weißhaar darf bleiben

    Göppingen. Für den ehemaligen Betriebsratschef von Märklin, Dieter Weißhaar, ist der Zug doch nicht abgefahren. Insolvenzverwalter Michael Pluta verzichtet auf die fristlose Kündigung und plant einen Neustart.

    Das "gute Gefühl", das den ehemaligen Märklin-Betriebsratsvorsitzenden Dieter Weißhaar am vergangenen Dienstag nach dem Gütetermin vor dem Göppinger Arbeitsgericht beschlichen hat, war gerechtfertigt. Insolvenzverwalter Michael Pluta will auf seine fristlose Kündigung jetzt doch verzichten. Die monatlichen Funktionszulagen in Höhe von jeweils 511 Euro, die Weißhaar während seiner Zeit als Betriebsratsvorsitzender erhalten hatte, muss Weißhaar nach Informationen der NWZ nicht zurückzahlen. Pluta hat sie allerdings ersatzlos gestrichen. "Um die Zusammenarbeit und das Unternehmen nicht zu belasten, werden alle Prozesse beigelegt", teilte Plutas Büro gestern mit. Damit ist auch der Vorwurf der "illegalen Vorteilsnahme" juristisch vom Tisch. Mit dem elfköpfigen Betriebsrat, der ebenfalls am vergangenen Dienstag neu gewählt wurde, wollen Geschäftsführung und Insolvenzverwaltung einen Neustart angehen, erklärte Plutas Sprecherin. Mit am Start: Dieter Weißhaar, der mit rund 140 Stimmen wieder in den Betriebsrat von Märklin gewählt wurde und damit das viertbeste Ergebnis erzielte. Nächste Woche soll bei der konstituierenden Sitzung des Gremiums auch der neue Betriebsratsvorsitzende gewählt werden. Weißhaar will sich nicht zur Wahl stellen, erklärte er gegenüber der NWZ.

    Damit endet ein monatelanger Streit zwischen Geschäftsführer Kurt Seitzinger und Insolvenzverwalter Michael Pluta auf der einen und dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden Dieter Weißhaar auf der anderen Seite. Weißhaar sollte fristlos gekündigt werden, weil er eine Funktionszulage von 511 Euro nicht abgelehnt hatte. Die Zulage hatte Märklin Jahrzehnte lang als vermeintlichen Ausgleich für entgangene Beförderungschancen und ähnliches an Betriebsratsvorsitzende bezahlt. Geschäftsführer Kurt Seitzinger sah darin eine "Korruptionszulage" und Pluta eine "illegale Vorteilsnahme".

    Eine Bewertung, der sich offenbar das Göppinger Arbeitsamt bei dem Gütetermin vom vergangenen Dienstag nicht anschließen wollte, wie der DGB-Rechtssekretär Hans- Martin Wischnath berichtet. Der zuständige Arbeitsrichter habe zu verstehen gegeben, dass das Gericht der fristlosen Kündigung Weißhaars vermutlich genauso wenig wie der Gesamtbetriebsrat zustimmen werde, so Wischnath. Dies auch, weil Weißhaar sich 2008 bei seinem Antritt als Betriebsratsvorsitzender nach dem Grund für die Zulage erkundigt hatte. Die Auskunft der damaligen Geschäftsführung: Das sei bei Märklin so üblich.

    Als Vergleichsvorschlag empfahl der Arbeitsrichter, die Funktionszulage zu streichen. Das hatte Märklin zu diesem Zeitpunkt aber längst getan. Nach Meinung Wischnaths ist Insolvenzverwalter Pluta gut beraten, "es dabei zu belassen".

    Quelle: http://www.swp.de/goeppingen/lok…/art5583,411970