[HU/SRB] mit dem EC 273 von Budapest nach Belgrad

  • Mitte Oktober durfte ich zum 1. Mal die Strecke Budapest - Belgrad im EC 273 befahren. Nach den Wirnissen während des letzten Balkankrieges darf man ja froh sein, dass es diese Verbindung mit einem EC überhaupt gibt.

    Auf ungarischer Seite haben wir es mit einem relativ flotten EC zu tun und der Speisewagen mit tschechischer Küche ist, abgesehen von der knappen Auswahl, immer noch respektabel.

    Dass der Grenzaufenthalt langwierig sein wird, war auch zu erwarten. Umso verblüffender ist dann aber die Tatsache, dass ab Subotika bis kurz vor Novi Sad der Zug kaum schneller als 40 km/h unterwegs ist. Ich vermute, es liegt an den wirklich desolaten Gleisen bzw. Unterbau. Der serbische Staat hat nach 10 Jahren Wirtschaftsembargo halt wirklich kein Geld für solche Maßnahmen, was auch an den vielen verfallen Fabriksgebäuden entlang der Strecke in der Vojvodina eindrücklich beobachtet werden kann.

    Erst kurz vor Novi Sad (schon in der Dunkelheit) nimmt der Zug dann wieder eine respektable Fahrt auf. Dafür steigen dann, je näher man an Belgrad kommt, immer mehr Leute ein, bist der Zug dann praktisch überfüllt ist. Da wartet man nur mehr abgespannt auf die Einfahrt in Belgrad, dass vom Zug aus zB bei der Save-Querung einen schönen Anblick bietet.

    Belgrad ist übrigens ein (Kurz-)Aufenthalt wert. Es gibt dort noch so wenig Touristen, dass diese dann besonders freundlich empfangen werden!

  • Als jemand, der diese Strecke jedes Jahr ca. 6-8 mal fährt, erlaube ich mir ein paar Ergänzungen.

    Den "Avala" auf der ungarischen Zeite als relativ flotten EC zu bezeichnen, halte ich für etwas übertrieben. Nachdem die MÁV-Start mehrere Eilzüge auf der Strecke Budapest - Kelebia eingestellt hat, wurde der "Avala" zu einem Lumpensammler degradiert, der zwischen Budapest Keleti und dem Grenzbahnhof Kelebia in Budapest-Ferencváros, Kunszentmiklos-Tass, Szabadszallas, Fülöpszallas, Kiskörös, Soltvadkert und Kiskunhalas hält - also 8 Halte auf 165 km, somit ca. alle 20 km ein Halt.

    Der tschechische Speisewagen ist annehmbar, allerdings leider mit seinem aufgewärmten Mikrowellenessen ein gewaltiger Abstieg gegenüber dem bis voriges Jahr eingesetzten serbischen Speisewagen, wo man, nachdem man ein Bečka Šnicla (Wienerschnitzel) bestellt hat, fünf Minuten später das Schnitzelklopfen aus der Küche hören konnte.

    Die Kursbuchstrecke 30 Beograd - Novi Sad - Subotica (mit "c", gesprochen "Subotitza"; das "c" wird in allen slawischen Sprachen immer als "tz" ausgesprochen und niemals als "k") war zur Zeit des "Eisernen Vorhangs", also bis in die Achtzigerjahre hinein, immer nur eine absolute Nebenstrecke. Sämtliche internationalen Züge von Österreich und Deutschland über Jugoslawien nach Griechenland, Bulgarien oder in die Türkei fuhren über die KBS 10 (Jesenice - Zagreb - Beograd). Mit dem Fall des Ostblocks und dem kurz darauf beginnenden Krieg zwischen dem von den USA und der EU unterstützten faschistischen Tuđman-Staat und dem von Russland unterstützten Miloševic-Staat verlagerte sich der gesamte Verkehr Richtung Südosten auf die Strecke Budapest - Belgrad, die nur eingleisig ausgebaut und schon damals nur für relativ niedrige Achslasten ausgelegt war, weil dort seit 1945 fast nichts mehr investiert wurde - während die Strecke vom Karawankentunnel bis Belgrad durchgehend zweigleisig für Achslasten von 21,5 Tonnen ausgebaut war.

    Dass die eingleisige Strecke dadurch, dass sie seit dem Zerfall Jugoslawiens den gesamten schweren Güterverkehr aufnehmen musste, "zusammengeritten" wurde und seither stellenweise nur vmax 30 erlaubt sind, ist nicht verwunderlich. Erst vor ein paar Monaten haben Ungarn und Serbien einen Vertrag unterzeichnet, in dem festgelegt wurde, die Verbindung Budapest - Belgrad neu zu trassieren und für vmax 160 - 200 auszubauen, wobei vermutlich nur der ungarische Teil für 200 ausgelegt sein wird, da Serbien über kein Zugsicherungssystem verfügt, das höhere Geschwindigkeiten als 160 zulassen würde (Indusi!) und eine Ausrüstung mit ETCS mangels dafür geeigneter Triebfahrzeuge kein Thema ist.

    Schneller geht es eigentlich erst hinter Novi Sad weiter. Hier die aktuellen Geschwindigkeiten der KBS 30 (LAs nicht berücksichtigt):

    Subotica - Bačka Topola 50 km/h
    Bačka Topola - Lovćenac 60 km/h
    Lovćenac - Vrbas 80 km/h
    Vrbas - Zmajevo 60 km/h
    Zmajevo - Novi Sad 80 km/h
    Novi Sad - Petrovaradin 80 km/h
    Petrovaradin - Sremski Karlovci (auf der Brücke über die Donau 30 km/h) 85 km/h
    Sremski Karlovci - 80 km/h
    Karlovački Vinogradi - Cortanovci 70 km/h
    Cortanovci - Beška 70 km/h
    Beška - Indija 80 km/h
    Inđija - Stara Pazova 100 km/h
    Stara Pazova - Nova Pazova 120 km/h (beide Gleise)
    Nova Pazova - Zemunsko polje (rechtes Gleis 100 km/h, linkes Gleis 70 km/h)
    Zemunsko polje - Tošin Bunar stajalište 70 km/h
    Tošin Bunar - Novi Beograd - 60 km/h (beide Gleise)
    Novi Beograd - Rasputnica Savski most 60 km/h
    Rasputnica Savski most - Beograd Glavna Stanica 40 km/h

    Übrigens: Ab Fahrplanwechsel wird es noch schlimmer! Der Avala fährt nicht mehr ab Prag, sondern (wieder) ab Wien Westbahnhof (!), und "verfehlt" den wichtigsten Bahnhof Budapests (Keleti). In Zukunft wird nämlich über Cegléd und Kiskunfélegyháza nach Kelebia gefahren, wodurch sich die Anzahl der Halte zwischen Budapest und der Grenze von jetzt acht auf vierzehn steigt! Der Fahrplan ab Dezember:

    Wien Westbf 08:48
    Wien Meidling 09:02-09:03
    Wien Hbf 09:11-09:12
    Hegyeshalom 09:55-09:58
    Mosonmagyaróvár 10:03-10:04
    Győr 10:24-10:27
    Tatabánya 10:59-11:00
    Kelenföld 11:36-11:37
    Ferencváros 11:46-11:47
    Kőbánya-Kispest 11:56-12:11
    Ferihegy 12:17-12:18
    Cegléd 12:52-12:53
    Kecskemét 13:21-13:22
    Városföld 13:32-13:32
    Kunszállás 13:35-13:36
    Kiskunfélegyháza 13:44-13:45
    Galambos 13:52-13:53
    Jászszentlászló 13:59-14:00
    Kiskunmajsa 14:06-14:07
    Tajó 14:12-14:13
    Harkakötöny 14:16-14:17
    Kiskunhalas 14:25-14:37
    Kelebia 15:04-15:39
    Subotica 15:53-16:18
    Bačka Topola 17:09-17:10
    Vrbas 17:48-17:49
    Novi Sad 18:33-18:42
    Indjija 19:20-19:21
    Stara Pazova 19:30-19:31
    Novi Beograd 19:58-19:59
    Beograd 20:13

    Das heißt, die Fahrzeit zwischen Budapest-Ferencvaros und Kelebia steigt von heute 2:36 Std auf 3:17 Std und der durchschnittliche Abstand zwischen den Halten sinkt von für einen Eurocity eh schon negativ rekordverdächtigen 20 km auf 14,5 km (14 Halte auf 202 km)! In Österreich wäre das nicht einmal mehr ein REX!

  • Zitat

    In Österreich wäre das nicht einmal mehr ein REX!


    Da tust du aber so manchem RJ unrecht: Bludenz - Landeck ~ 64 km mit 5 RJ-Halten, da kommt man auch auf nur ~16 km. :S


  • Da tust du aber so manchem RJ unrecht: Bludenz - Landeck ~ 64 km mit 5 RJ-Halten, da kommt man auch auf nur ~16 km. :S

    Stimmt, allerdings auch am Arlberg der gleiche schwachsinnige Grund wie in der ungarischen Pampa: Erst dünnt man den Regionalverkehr aus oder stellt ihn ganz ein, und dann muss man einen Schnellzug zum Bummelzug degradieren.

  • Zitat

    Stimmt, allerdings auch am Arlberg der gleiche schwachsinnige Grund wie in der ungarischen Pampa: Erst dünnt man den Regionalverkehr aus oder stellt ihn ganz ein, und dann muss man einen Schnellzug zum Bummelzug degradieren.


    Auf der Tauernbahn ist es genauso. Zuerst wird der Regionalverkehr abgedreht und dann übernehmen die EC den Lokalverkehr. Zwischen Mallnitz und Schwarzach-St. Veit werden mit Ausnahme von Böckstein alle Bahnhöfe bedient und so Dorfgastein zu einem Dorf mit Eurocity-Flair geadelt. :D

    dr. bahnsinn - der Forendoktor