[P] 2,7 Mrd. EUR für den Bahnausbau in den kommenden sechs Jahren

  • Mit der Modernisierung des portugiesischen Bahnnetzes ist man laut EÖ-Heft 3/2019, S. 152, nachwievor arg in Verzug. Von den 20 im Modernisierungsprogramm angeführten Projekten sollten acht bereits fertig und elf in Arbeit befinden. Tatsächlich ist noch gar keines fertig und bei erst sechs wurde mit den Arbeiten begonnen. Von den zu sanierenden 1.193 Streckenkilometern sind tatsächlich erst 166 km saniert.
    Die Elektrifizierung der Linha do Minho bis zur Grenze zu Spanien stottert ebenfalls, man hofft, bis August 2019 bis Viana do Castelo zu kommen. Auch wenn die Elektrifizierung einmal fertiggestellt sein sollte, wird es an E-Fahrzeugen für den Personenverkehr fehlen, denn die erforderlichen 22 Zweisystem-Triebzüge wurden eben erst ausgeschrieben und es wird noch mehrere Jahre dauern, bis sie in den Planeinsatz kommen.
    Anfang Januar 2017 wurde der Beginn der Arbeiten für die Wiederaufnahme des Verkehrs auf dem 46 km langen und 2009 eingestellten Abschnitt der Linha da Beira Baixa zwischen Covilhã und Guarda (siehe Grafik in Antwort 15) angekündigt. Tatsächlich wurden die Bauarbeiten erst 2018 begonnen. Sollte die Strecke in absehbarer Zeit in Betrieb gehen, ist für den (Güter-)Verkehr zwischen Lissabon und dem Grenzübergang Vilar Formoso ein Richtungsbetrieb mit der Linha da Beira Alta über Pampilhosa vorgesehen. Allerdings muss diese erst saniert werden, denn ihr Oberbau soll sich in einem abenteuerlichen Zustand befinden.

    Vor ziemlich genau zwei Jahren war hier in Antwort 17 zu lesen, dass man nach Fertigstellung des 14 km langen Abschnitts Caíde de Rei - Marco de Canaveses der Linha do Douro gleich den 43 km langen Abschnitt bis Regua anhängen wolle. Abgesehen davon, dass der Abschnitt Caíde de Rei - Marco de Canaveses noch immer nicht fertiggestellt ist (siehe Vorposting), wurden die Bauarbeiten zwischen Marco de Canaveses und Regua noch nicht einmal ausgeschrieben.

    Auch auf der Magistrale Lissabon - Porto, der Linha do Norte, ist die Streckeninfrastruktur ziemlich desolat, weshalb derzeit mehrere Abschnitte nur mit verminderter Geschwindigkeit befahren werden können.

    Es gibt aber auch Positives zu berichten. Das private, im Besitz des schweizerischen Container-Logistikers MSC (Mediterranean Shipping Company) befindliche Güter-EVU Medway errichtet auf eigene Kosten um 36 Mio. EUR in der Nähe der Linha do Minho nördlich von Porto gelegenen Stadt Vila Nova de Famalicão den größten Schiene-Straße-Umschlagterminal der Iberischen Halbinsel. Der 200 000 m² große, für eine Stellplatzkapazität von 10 000 TEU ausgelegte Terminal wird in Lousado an die Linha do Minho angebunden. In Vila Nova de Famalicão befindet sich ein großes Industriezentrum, von dem im Jahr 2017 Waren im Wert von 2 Mrd. USD ausgeführt wurden. Medway will nach Fertigstellung des Güterterminals täglich drei Güterzugpaare ab Vila Nova de Famalicão über Lissabon zum Tiefseehafen Sines führen.

    MSC und deren Mitbewerber Maersk sind sehr an der baldigen Realisierung der geplanten Verbindung zwischen Évora und Elvas (siehe Grafik in Antwort 18) interessiert. Laut EÖ soll mit den Bauarbeiten im Jahr 2018 begonnen worden sein. Als ich im Oktober 2018 in der Gegend war, habe ich von Bauarbeiten noch nichts gesehen.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Stand der Dinge bei der Modernisierung des Bahnetzes in Portugal:

    1. Linha do Minho: Entgegen der obigen Meldung, wonach die Elektrifizierung des 43 km langen Abschnitts zwischen Nine und Viana do Castelo im August 2019 fertiggestellt sein sollte, wurde der Fahrdraht bereits am 11. April unter Strom gesetzt und der elektrische Betrieb sollte im Juni aufgenommen werden. Allerdings leidet die CP unter akutem Fahrzeugmangel, sodass es bisher nur beim Wollen blieb. Sobald es die Fahrzeugsituation zulässt, soll ein elektrisch geführtes IC-Zugpaar zwischen Lisboa Santa Apolónia und Viana do Castelo über Porto Campanhã in Verkehr gesetzt werden. Des Weiteren soll der Vororteverkehr von Porto 11 km über Nine hinaus bis Barcelos verlängert werden. Der gesamte übrige Verkehr bis Viana do Castelo bzw. bis zur Grenze zu Spanien bei Valença wird vorerst weiterhin mit den von der RENFE angemieteten Dieseltriebzügen Reihe 592 bzw. mit aus den von der Douro-Linie abgezogenen "MiraDouro"-Wagenzügen im Dieselbetrieb geführt. Der positive Teil der Meldung besteht darin, dass an der Elektrifizierung bis zur spanischen Grenze immerhin gearbeitet wird.

    2. Douro-Linie: An der Elektrifizierung des 15 km langen Abschnitts Caide to Marco - Canaveses wird nach einer dreijährigen Unterbrechung wieder gearbeitet.
    Die "MiraDouro"-Züge auf der Douro-Linie, bestehend aus drei 1948 bei Schindler in der Schweiz gebauten, den Schlieren ähnlichen Wagen und einer Diesellok der Reihe 1400, wurden abgezogen und kommen seither auf der Linha do Minho (siehe oben) zum Einsatz. Die CP hat wenig Interesse an touristischen Zügen entlang des Douro, weshalb man diesen Verkehr einschließlich dampfgeführter Züge massiv reduziert hat.

    3. Linha da Beira Baixa: Zuletzt war vorgesehen, die Baira Baixa-Linie zwischen Covilhã und Guarda im September 2019 in Betrieb zu nehmen. Der Termin kann allerdings nicht gehalten werden, da einige Brücken noch erneuert werden müssen.

    4. Algarve-Linie: Bei der Elektrifizierung der Algarve-Linie wird weder am 48 km langen Abschnitt Tunes - Lagos noch am 55 km langen Abschnitt Faro - Vila Real de Santo António gearbeitet bzw. es sind noch nicht einmal die Aufträge vergeben worden.

    5. TEN-T-Korridor Évora - Elvas - Badajoz: Zwischen Évora und Elvas finden keinerlei Arbeiten statt. Zwischen Elvas und der spanischen Grenze bei Badajoz findet derzeit eine Oberbauerneuerung statt, die nur sehr langsam vorankommt.

    Insgesamt also alles sehr ernüchternd.


    Quelle: TR EU-Heft Nr. 283, S. 53.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Algarve-Linie: Bei der Elektrifizierung der Algarve-Linie wird weder am 48 km langen Abschnitt Tunes - Lagos noch am 55 km langen Abschnitt Faro - Vila Real de Santo António gearbeitet bzw. es sind noch nicht einmal die Aufträge vergeben worden.

    Zur Auflockerung des trockenen und ernüchternden Textes ein paar Fotos von der Algarve. Zwischen Faro und Vila Real de Santo António verkehren ausschließlich die betagten (Bj. 1965/66) zweiteiligen Triebzüge der Baureihe 450. Auf dem Foto fährt gerade der Tw 451 aus Faro Richtung Vila Real aus. Einige Zugpaare verkehren auch auf der gesamten Algarve-Linie zwischen Lagos und Vila Real de Santo António:

    Eindrucksvollstes Bauwerk entlang des 55 km langen Ostabschnitts der Algarve-Linie ist die 18 m hohe und 106 m lange Brücke über den Fluss Gilão in der Stadt Tavira, ca. 30 km östlich von Faro:

    Zwischen Faro und Porto verkehren über Lissabon zwei Mal am Tag Alfa Pendular-Züge der Reihe 4000. Am Tag meines Besuches war die zwischenzeitlich modernisierte Garnitur 4008 in Faro abgestellt:

    Der IC-Verkehr (5 - 6 tägliche Zugpaare) zwischen Faro und Lissabon wird mit von der Reihe 5600 bespannten Wagenzügen abgewickelt. Soeben ist mit ca. 10 min Verspätung der mittägliche IC mit der 5610 in Faro angekommen:

    Auch in Portugal sind Eisenbahnfahrzeuge ein beliebtes Ziel für Graffiti-Aktivisten. Zu sehen auf der in Faro abgestellten Lok 5617:
    Fotos: dr. bahnsinn, aufgenommen im Oktober 2018

    Hier gibt es noch ein paar Fotos aus dem Alentejo und von der Algarve.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Portugal: EU-Gelder für Linha do Minho gen Spanien
    05. August 2019
    Für den Ausbau und die Elektrifizierung des Abschnitts zwischen Nine und Valença der Linha do Minho erhält Portugal 68 Mio. EUR aus dem EU-Kohäsionsfonds.
    Das Projekt ist Teil des Eisenbahnkorridors Porto – Valença – Spanien und die zweite Tranche eines EU-Gesamtzuschusses von 125 Mio. EUR. Diese zweite Etappe umfasst die Elektrifizierung der Strecke und den Ausbau der vier Bahnhöfe in Midões, Barroselas, Carreço und Carvalha für längere Güterzüge. Der Ausbau soll zudem die Fahrtzeit internationaler Züge um zehn Minuten verkürzen. Der Arbeiten an dem 92 km langen Streckenabschnitt sollen 2021 abgeschlossen sein. (fh/cm)

    https://www.eurailpress.de/nachrichten/in…en-spanien.html

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Die "MiraDouro"-Züge auf der Douro-Linie, bestehend aus drei 1948 bei Schindler in der Schweiz gebauten, den Schlieren ähnlichen Wagen und einer Diesellok der Reihe 1400, wurden abgezogen und kommen seither auf der Linha do Minho (siehe oben) zum Einsatz.

    Diese TR EU-Meldung aus Antwort 22 hat sich als Ente erwiesen. Die zwei Garnituren zu je drei aufgefrischten Schindler-Wagen bleiben laut EÖ-Heft 8/2019, S. 433, auf der Douro-Linie im Einsatz.

    Übrigens, der bisherige Infrastrukturminister Pedro Marques hat sich in Richtung EU verabschiedet und wurde durch Pedro Nuno Santos ersetzt. In seiner Antrittsrede entschuldigte er sich für den schlechten Zustand der Eisenbahn in Portugal. Am 27. Juni genehmigte die Regierung ein 45 Mio. EUR schweren Notmaßnahmenpaket zur Sanierung des Rollmaterials. Erste Nutznießer sind die aus den 1970er-Jahren stammenden IC-Wagen von Sorefame, deren schlechter Erhaltungszustand in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Angebotseinschränkungen bzw. Zugausfällen führte.

    Hier drei, mit Graffiti verzierte IC-Wagen von Sorefame, bereitgestellt für den letzten IC des Tages von Évora, der Hauptstadt des Alentejo nach Lissabon um 19:05 Uhr. Im Hintergund Lok 5616 beim Umsetzen:
    Foto: dr. bahnsinn, aufgenommen in Évora am 20. 10. 2018 um 18:44 Uhr

    Intercidades

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Auch wenn die Elektrifizierung einmal fertiggestellt sein sollte, wird es an E-Fahrzeugen für den Personenverkehr fehlen, denn die erforderlichen 22 Zweisystem-Triebzüge wurden eben erst ausgeschrieben und es wird noch mehrere Jahre dauern, bis sie in den Planeinsatz kommen.

    Von den 22 sollen 12 hybrid sein, der Rest reine E-Triebwagen. Im Rennen sind noch CAF, Stadler, Talgo.

    Quelle: lok-report.de

  • 5. TEN-T-Korridor Évora - Elvas - Badajoz: Zwischen Évora und Elvas finden keinerlei Arbeiten statt. Zwischen Elvas und der spanischen Grenze bei Badajoz findet derzeit eine Oberbauerneuerung statt, die nur sehr langsam vorankommt.

    Laut https://www.railwaygazette.com/infrastructure…d/55271.article wird nun doch mit den Arbeiten zwischen Évora und Elvas oder zumindest beim ersten, 20,5 km langen Abschnitt zwischen Évora und Freixo begonnen, wobei die Arbeiten, die 130,5 Mio. EUR kosten, binnen 28 Monaten abgeschlossen sein sollen (für portugiesische Verhältnisse sehr ambitioniert, Anm.). Nach den ursprünglichen Planungen sollte die ca. 80 km lange Strecke seit heuer fertig sein, nun hat man das Jahr 2023 im Visier.
    Derzeit endet die von Lissabon kommende Strecke am nordöstlichen Stadtrand von Évora. Die pompöse Fußgängerüberführung im Hintergund hat wahrscheinlich noch kein Mensch genutzt:

    Foto: dr. bahnsinn, aufgenommen am 20. 10. 2018

    PS.: Die Streckenkarte im Railway Gazette-Artikel ist mit Vorsicht zu genießen, denn die dort dargestellten Strecken:

    • Évora - Estremoz - Portalegre
    • Estremoz - Vila Vicosa
    • Évora - Reguengos
    • Beja - Moura
    • Beja - Funcheira

    sind stillgelegt bzw. abgebaut.

    Im Rahmen dieser Rätselfrage gibt es noch ein paar Fotos vom Bahnhof Évora.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Von den 22 (Triebwagen) sollen 12 hybrid sein, der Rest reine E-Triebwagen. Im Rennen sind noch CAF, Stadler, Talgo.

    Die Vergabe an Stadler wurde von CAF angefochten. Nachzulesen hier:

    Portugal: Stadler Bestbieter für Triebwagen und Metros – Verfahren angefochten
    07. Januar 2020
    In Portugal werden zwei Beschaffungsmaßnahmen gerichtlich überprüft, bei denen jeweils Stadler als Bestbieter auserkoren wurde.
    Einmal geht es um die Beschaffung von 22 Regionalzügen der Bahngesellschaft CP im Wert von 176,8 Mio. EUR. In dem Verfahren von Anfang 2019 hatten sich fünf Unternehmen beteiligt, letztlich haben sich aber nur Stadler, Talgo und CAF für die zwölf Hybrid- und zehn elektrischen Triebwagen präqualifiziert und bis zum 04.12.2019*) Angebote abgegeben. Nach der Entscheidung zugunsten von Stadler hat aber CAF am 27.12.2019*) beim Verwaltungsgericht Lissabon Einspruch eingereicht.
    Beim zweiten Verfahren geht es um 14 dreiteilige Metrozüge sowie ein neues Signalsystem für die Metro Lissabon. Auch hier fiel die Entscheidung zugunsten von Stadler für den Auftrag im Wert von rund 127 Mio. EUR. Hier hat am 20.12.2019 das Konsortium aus Thales und CRRC Tangshan Einspruch beim Verwaltungs- und Finanzgericht Sintra eingereicht. (cm)
    https://www.eurailpress.de/nachrichten/re…ngefochten.html
    *) Bei den angeführten Datumsangaben dürfte etwas nicht stimmen, denn dass zwischen Angebotsabgabe und Einspruch nur knapp mehr als drei Wochen vergingen, ist schlichtweg unrealistisch.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Im Artikel von eurailpress wird auf " (Rail Business vom 05.03.2019)" verwiesen. RBS erscheint aber immer Montags, also vermutlich ein Jahressprung und das lief schon 2018 ab.

  • Aus Portugal gibt es keine guten Nachrichten, denn Ende 2019 wurde bekannt, dass von den im Investitonsprogramm Ferrovia 2020 angeführten Projekten erst 5 % realisiert waren. Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass die meisten Ausschreibungen für Ausbauprojekte mangels Interessenten storniert werden mussten, weil die Kostenvoranschläge in den Angebotsausschreibungen für die Baufirmen uninteressant waren.
    Auch bei den Elektrifizierungsprojekten geht nichts weiter. Die Elektrifizierung der beiden Bahnstrecken entlang der Algarve (siehe Beiträge Nr. 16+19), Lagos - Tunes (48 km) und Faro - Vila Real de Santo Antonio (55 km), die im Jahr 2020 abgeschlossen werden sollte, wurde auf 2023 verschoben. Für die Fertigstellung der Elektrifizierung und Erneuerung des Sicherungssystems auf der Linha do Douro im Abschnitt Marco de Canaveses - Régua (siehe Beiträge Nr. 17+19) gibt es keinen Fertigstellungstermin mehr.

    In der Luft hängt weiterhin die Sanierung der Beira Alta-Linie Pampilhosa - Vilar Formoso Richtung Spanien sowie noch schlimmer, die Sanierung der am meisten maroden Abschnitte der Hauptmagistrale Lissabon - Porto, insbesondere zwischen Santana Cartaxo und Etroncamento sowie zwischen Ovar und Vila Nova de Gaia (siehe Beitrag Nr. 7).

    Quelle: TR EU-Heft Nr. 290, S. 58.


    dr. bahnsinn - der Forendoktor