[I] Diskussion um Rettung der Alitalia durch die FS

  • Benetton-Holding Atlantia steigt ein

    Die italienische Infrastrukturholding Atlantia, die im Besitz der Unternehmerfamilie Benetton steht, tritt dem Bündnis bei, das die marode Fluggesellschaft Alitalia übernehmen soll. Das wurde am Ende einer Aufsichtsratssitzung der staatlichen Eisenbahnen (FS – Ferrovie dello Stato) am Montag beschlossen, die mit dem Wirtschaftsministerium und der US-Airline Delta die Alitalia übernehmen wollen.

    Online seit heute, 22.08 Uhr Die an der Mailänder Börse notierte Atlantia-Holding behauptete sich im Duell gegen weitere Interessenten. Vier Angebote wurden bis zu der am Sonntagabend laufenden Frist eingereicht: Neben Atlantia wollten sich auch der kolumbianisch-brasilianische Multimillionär und Mehrheitsaktionär von Kolumbiens Airline Avianca, German Efromovich, sowie der römische Unternehmer Claudio Lotito, Eigentümer des Fußballerstligisten Lazio Rom, beteiligen. Atlantia besitzt bereits die Betreibergesellschaft der römischen Flughäfen AdR (Aeroporti di Roma).
    „Wir haben die Grundlage für einen soliden industriellen Plan zum Neustart der Alitalia gelegt. Wir haben eine Lösung gefunden, und dies ist ein großartiges Resultat“, kommentierte Vizepremier und Industrieminister Luigi Di Maio, der seit Monaten an einer Lösung für die Alitalia arbeitete.
    Di Maio erklärte, dass die Eisenbahnen und das Wirtschaftsministerium zusammen über 50 Prozent an der neuen Gesellschaft halten werden, die die Alitalia übernimmt. Das sei eine Garantie für den Erhalt der Jobs bei dem Ex-Monopolisten, der über 11.000 Personen beschäftigt. Atlantia übernehme laut Medienberichten 35 bis 40 Prozent, Delta zwischen zehn und 15 Prozent.
    Brückeneinsturz: Ermittlungen gegen Atlantia-Chef
    Die Atlantia-Gesellschaft ist Mutterkonzern der Autobahngesellschaft Autostrade per l’Italia (ASPI), die nach dem Einsturz der Brücke in Genua im vergangenen August mit 43 Toten scharf kritisiert wird. Verkehrsminister Danilo Toninelli fordert den Konzessionsentzug für ASPI, die 3.000 Kilometer Autobahn in Italien betreibt. Gegen Atlantia-Chef Giovanni Castellucci laufen Ermittlungen wegen Fahrlässigkeit bei den Instandhaltungsarbeiten der Brücke in Genua.
    „Atlantia ist ein starker Partner. Seine Beteiligung an Alitalia wäre wünschenswert“, kommentierte der italienische Wirtschaftsminister Giovanni Tria nach Medienangaben zuletzt. „Die Frage der Verantwortung für den Einsturz der Brücke und der Autobahnkonzession muss auf rechtlicher Basis in Angriff genommen werden“, sagte Tria. Auch Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini bezeichnete Atlantia im Vorfeld als „seriösen Partner“. Gerüchte über Atlantias möglichen Einstieg bei Alitalia beflügelten bereits am Freitag die Aktie der Holding an der Mailänder Börse.
    Staatskredite von 900 Mio. Euro
    Bereits vor elf Jahren meldete das Management der Airline Konkurs an. Die Alitalia-Aktie wurde von der Börse gestrichen, mit schweren Verlusten für viele Anleger. Inzwischen bildete sich das italienische Konsortium CAI, an dem sich eine Gruppe italienischer Investoren beteiligt. Der gesunde Teil der Airline wurde für 300 Mio. Euro übernommen, der verschuldete, restliche Anteil der Airline über eine Bad Bank vom italienischen Staat, was Italiens öffentliche Kassen circa zwei Milliarden Euro kostet. Im Jahr darauf wurden 8.000 Stellen gekürzt.
    Nach erneuten Versuchen der Fortführung der früheren staatlichen Airline musste Alitalia Anfang Mai 2017 erneut Insolvenz anmelden. Seitdem kann sie nur dank Staatskrediten von mittlerweile 900 Mio. Euro ihren Flugbetrieb aufrechterhalten. Diese Staatshilfe war zunächst nur als vorübergehender Rettungsanker gedacht, doch Italiens Regierung musste die Kreditlinie immer wieder verlängern.
    Im Jahr 2018 verringerte die Airline unter Aufsicht der Regierungskommissare sogar ihre Verluste. Verhandlungen mit Interessenten wie EasyJet und Lufthansa führten jedoch zu keinen Resultaten. Anfang 2019 bahnte sich infolge einiger Streiks des Alitalia-Personals die Teilverstaatlichung der Pleite-Airline an. Im Juni hatte die italienische Regierung die Frist für ein mögliches Angebot zur Rettung der Alitalia zum vierten Mal verlängert.
    red, ORF.at/Agenturen

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