Wer lieber bauen lassen will...

  • Nur die Gleise muss man selber dazulegen...

    gefunden in der TT vom 27.11.
    Die fabelhafte Welt der Miniaturen
    Klein, kleiner, am kleinsten: Wenn Berge, Häuser oder Maschinen auf kleinem Raum Platz haben sollen, kommen Modellbauer ins Spiel. Der Innsbrucker Christoph Steck ist ein ganz Großer auf diesem Gebiet. Er macht große Dinge ganz klein und erweckt dabei Visionen zum Leben.


    © Wolfgang Lackner
    Das Feriendorf KitzAlps – gibt es nur als Modell – im Maßstab 1:200.

    Die Sonne scheint von hinten auf die Gipfel der Innsbrucker Nordkette und lässt sie in einem faszinierenden Schattenspiel erstrahlen. Jede kleinste Wölbung in der Landschaft ist zu sehen, jede noch so versteckte Lawinenrinne kommt zum Vorschein. Dass die alpine Front in ihrer Pracht dabei aus einem Stück Ahornholz geschnitzt und in etwa so hoch wie eine Handfläche dasteht, macht ihren Anblick umso spektakulärer.

    Christoph Steck ist der, der für diese Miniversion aus Ahornholz im Maßstab 1:7000 verantwortlich zeichnet. Der gebürtige Rumer baut seit mehr als 30 Jahren solch klitzekleine Abbilder von Landschaften, Gebäude, Möbeln und Maschinen – und das höchst professionell. Steck ist Modellbauer von Beruf. In seinem 400 Quadratmeter großen Atelier im Innsbrucker Schloss Büchsenhausen basteln er und seine sechs Mitarbeiter jeden Tag große Dinge im Kleinformat.
    Spielwiese für Erwachsene

    „Unser Büro ist wie ein Spielplatz für uns alle“, lacht der 52-Jährige und lässt dabei seinen Blick von einem umfangreichen Wohnbauprojekt zum abwechslungsreichen Relief der Ötztaler Alpen schweifen. „Dabei machen wir im Grunde das Gleiche wie ein Krippenbauer“, setzt er fort. Ein salopper Vergleich, der vielleicht nicht ganz zutrifft: Hat der gelernte Tischler zwar früher, als er Mitte der 1980er-Jahre mit dem Modellbauen begann, noch alles von Hand gezeichnet, gefräst und gebastelt, also quasi Krippen gebaut, ist heute die digitale Technik zu einem nützlichen Hilfsarbeiter geworden. Sie erledigt viel mathematische Arbeit und errechnet präzise Modelle – hilft also dabei, aus einer großen Vision eine Mini-Mission zu machen.


    Ein klitzekleiner Tisch: So etwas wird in Christoph Stecks Modellarchitektur-Büro in Innsbruck gebaut.
    - Vanessa Rachle

    Außerdem hat Steck sich kurz nach seinem Lehrabschluss als Tischler für das Studium der Architektur entschieden, das Zeichnen, Planen und Bebauen von Raum also auch von wissenschaftlicher Seite her kennen gelernt. „Ich habe dann in verschiedenen Büros gearbeitet, mich aber nie glücklich gefühlt in diesem Beruf, der war mir zu ernst. Deshalb habe ich die Architektur 2005 aufgegeben und bin zum Modellbau zurückgekehrt“, erzählt der Meister der Miniaturen.
    Das Bauen, Tüfteln und „Spielen“ liege ihm einfach. Dass er das auch richtig gut kann, beweisen Hunderte von Modellen, die seine Firma bereits für regionale und internationale Auftraggeber produziert hat. „Es ist üblicherweise so, dass wir von unseren Auftraggebern die Daten für die Modelle zur Verfügung gestellt bekommen“, erklärt Steck. Da diese zumeist allerdings nicht vollständig seien, müssen er und sein Team regelmäßig selbst recherchieren, abmessen und Hand anlegen, um die Entwürfe für die zu bauenden Modelle herzustellen.

    Ein ganz besonderes Projekt in diesem Jahr sei zum Beispiel das Stift Melk gewesen, das die Tüftler für eine Ausstellung im Schloss Landeck über den Stanzer Barock-Baumeister Jakob Prandtauer herstellten.
    In insgesamt 700 Stunden und viereinhalb Monaten Arbeit wurde das Kloster aus dem 18. Jahrhundert aus etwa 10.000 Holzteilen Stück für Stück zusammengesetzt. Der Maßstab 1:200 war hier eine weitere Herausforderung für die Kleinteilbastler: So ein Mini-Fensterrahmen oder das wellige Dach sind da schon äußerst fragile Teile.


    Viel Liebe zum Detail braucht es, um einen Gebirgszug wie das Karwendel im Maßstab von 1:7000 naturgetreu nachbauen zu können.
    - Vanessa Rachle

    „Ich habe sehr großes Glück, dass alle meine Mitarbeiter ihre Arbeit so gern machen“, sagt Steck. Die seien übrigens alle Tischler, die es, so wie er, lieben, zu „spielen“. Ansonsten wäre so ein Projekt wie das Stift Melk nämlich nicht möglich. Die Liebhaberei sei es, was in so einem Fall antreibe, denn Geld bringe so ein Auftrag verhältnismäßig wenig.

    Das holt sich der Meister der Miniaturen wiederum durch Aufträge von Architekturbüros oder von Unternehmen, die Architekturwettbewerbe ausschreiben und die für die Wettbewerbsteilnehmer Modelle ihrer Anwesen benötigen. „Wenn wir etwas für einen Wettbewerb bauen, muss es dasselbe Modell mehrfach geben, denn jeder teilnehmende Architekt muss eines bekommen“, erzählt Steck. „Deshalb stellen wir hier Formen aus Silikon her, aus denen die Einzelteile, zum Beispiel kleine Häuser, aus Kunststoff gegossen werden.“

    Aber damit nicht genug. Das Nachmodellieren von ganzen Landschaften ist ein weiteres Steckenpferd der Steck’schen Bas­telfabrik. Das bereits erwähnte Ahornmodell der Nordkette wurde zum Beispiel für den Naturpark Karwendel angefertigt und ist auf der Umbrüggler Alm zu sehen. Mithilfe einer „Living Relief Projektion“ – von Steck selbst entwickelt – können Wanderwege, Langlaufloipen etc. auf das Zwergengebirge projiziert und naturgetreu dargestellt werden. „Damit können die Leute besser sehen, wohin sie gehen und welches Gelände sie zu erwarten haben“, erklärt der Profi-Tüftler.


    Das fertige Modell des Stift Melk ist so detailliert gebaut, dass selbst die Fenster Licht durchlassen und das Relief der Dächer dem Original entspricht.
    - Wolfgang Lackner

    Es geht aber auch ohne Projektion und direkt am Modell: Egal, ob Bäume, Wiesen, Bäche oder ganze Siedlungen – alles schrumpft Steck auf Mini und lässt damit die Augen groß werden. Da wird gepinselt, gesteckt, geklebt und gelegt, bis jedes Detail so steht, wie es auch in Groß stehen würde. Solange das Wasser bzw. das Abbild dessen nicht so aussieht, als wäre es nass, geben die Modellbauer auch keine Ruhe. Selbst Bäuerinnen bei der Feldarbeit und laufende Kinder am Spielplatz stehen da auf dem Programm.

    Apropos Spielplatz: Ein Spaziergang durch das Steck’sche Lager eröffnet den Himmel auf Erden für jedes Bastlerherz. Sorgfältigst verpackt in Hunderten von kleinen Schachteln findet sich da alles, was man sich vorstellen kann: Tische, Stühle, Bänke, Schränke, Schaukeln, Liegen – und das ers­tens kleiner als eine Fingerkuppe und zweitens handgemacht! Dass sie da nicht längst schon Miniaturen von sich selbst beim „Spielen“ gebastelt haben, verwundert da beinahe. Wobei: Dann müssten sie Miniaturen von ihren eigenen Miniaturen schaffen. Und noch mehr spielen. (Evelin Stark)


    Die Maschinenanlage einer Rundtaktfräsanlage, funktionstüchtig gebaut im Maßstab 1:10.