[PL] Bahnlinie durch die Masurische Seenplatte womöglich vor Wiederinbetriebnahme

  • Die durch die Masurische Seenplatte führende Bahnstrecke 223 von Czerwonka/Rothfließ über Mikołajki/Nikolaiken und Orzysz/Arys nach Ełk/Lyck in der Woiwodschaft Ermland-Masuren steht womöglich vor der Wiederinbetriebnahme. Sie ist die mittlere von eigentlich drei von Olsztyn/Allenstein nach Ełk führenden Bahnlinien (siehe Kartenausschnitt unten), von denen allerdings nur mehr die am weitesten nördlich gelegene Strecke über Korsze/Korschen und Giżycko/Lötzen durchgehend in Betrieb ist. Auf der südlich verlaufenden Linie über Szczytno/Ortelsburg und Pisz/Johannisburg gibt es nur mehr Personenverkehr von Olsztyn über Szczytno zum Flughafen Olsztyn-Mazury.

    Der Personenverkehr auf der mittleren Linie, die nun eventuell wieder zum Leben erweckt werden soll, wurde am 1. September 2009 zwischen Mrągowo/Sensburg und Ełk eingestellt. Bis 1. Mai 2010 verkehrte noch ein Zugpaar zwischen Olsztyn und Mrągowo, dann wurde auch dieses eingestellt.

    Zwischen 2009 und 2011 wurde der 35 km lange Abschnitt zwischen Ełk und Orzysz erneuert und kann mit einer V/max von 80 km/h befahren werden. Er wird zwecks Bedienung einer Militärkaserne auch befahren. Die restlichen 86 km der Strecke nach Czerwonka, die an sich für eine V/max von 100 km/h ausgelegt ist, sind in einem schlechten Zustand und total zugewachsen.

    Nun besteht seitens des Infrastrukturbetreibers PKP PLK gemeinsam mit dem Spanplattenhersteller Egger der Plan, den 7,5 km langen Abschnitt zwischen Czerwonka und Biskupiec Reszelski/Bischofsburg wieder aufzuarbeiten, um das neue Egger-Spanplattenwerk in Biskupiec bedienen zu können. PKP PLK ist bereit, für diese Arbeiten 18,6 Mio. PLN (4,25 Mio. EUR zur Verfügung zu stellen. Für die restlichen 78,5 km bis Orzysz hat die polnische Pro Bahn-Vereinigung (Fundacja Pro Kolej) den Antrag gestellt, die Aufarbeitung der Strecke in das EU-Förderprogramm für die Periode 2021 - 2027 aufzunehmen. Begründet wird der Antrag damit, dass dadurch der Tourismus in der Region Masurische Seenplatte entscheidend angekurbelt werden könnte. In Mikołajki/Nikolaiken am Spirdingsee (mit 113 km² der größte See Polens) befindet sich mit dem Hotel Gołębiewski mit 689 Zimmern eines der größten Hotels Polens.

    Quelle: TR EU-Heft Nr. 274, S. 55.

    Zur Orientierung:

    Ausschnitt aus http://www.bueker.net
    PS.: Der Flughafen Allenstein-Masuren war schon einmal Gegenstand einer Rätselfrage.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Eine für mich komplett unbekannte Gegend. Die Masurische Seenplatte scheint aber eine attraktive Hausboot-Gegend zu sein. Zusätzlich gibt es dann auch noch die unter Denkmalschutz stehende Schmalspurbahn bei Elk. Da wundert es mich fast, dass ein gewisser User hier im Forum noch nicht vor Ort war. :D

  • Die Masurische Seenplatte scheint aber eine attraktive Hausboot-Gegend zu sein.

    Ein Hausbootrevier ist die erst Masurische Seenplatte erst in den letzten paar Jahren geworden, nachdem die großen Hausbootanbieter das Revier entdeckt haben. So sind mittlerweile die europaweit aktiven Anbieter Le Boat (Gizycko/Lötzen) und Locaboat (Mikołajki/Nikolaiken) sowie der deutsche Anbieter Kuhnle Tours (Piaski/Piasken) hier vertreten.
    Der Nachteil ist, dass das Revier ziemlich weit vom Schuss liegt. Mit der Bahn ist derzeit nur Gizycko zu erreichen und das auch ziemlich umständlich. Von den Flughäfen Warschau und Danzig ist es auch ein breiter Weg dorthin. Ob das Revier attraktiv ist, traue ich mich (noch) nicht zu bestätigen, obwohl ich schon dort (in Mikołajki und Gizycko) war und eine Schifffahrt auf dem Spirdingsee mitmachte. Aber ich kenne die Infrastruktur (Anlegestellen, Ver- und Entsorgung, Gastronomie) abseits der Hausbootbasen nicht.

    Eine für mich komplett unbekannte Gegend.

    Für mich bis 2011 auch. Wenn es jemanden von den geneigten Lesern dorthin verschlagen sollte, sollte, sofern technik- und schifffahrtsaffin, unbedingt die Überreste des Masurischen Kanals, der einst die Verbindung der Masurischen Seenplatte mit der Ostsee bei Königsberg herstellen sollte und den Oberländischen Kanal mit seinen Schiefen Ebenen besuchen.

    Eine Fotoreportage von der Fahrt über zwei Schiefe Ebenen des Oberländischen Kanals gibt es hier.

    Für Geschichtinteressierte ist der Besuch von Hitlers Wolfsschanze zu empfehlen.

    Zum Schluss doch noch ein paar Fotos. Wie man aus dem Eröffnungsbeitrag entnehmen kann, wurde der Personenverkehr auf der mittleren der drei durch die Masurische Seenplatte führenden Bahnlinien 2009 bzw. 2010 eingestellt. Als wir im Jahr 2011 in Mrągowo/Sensburg übernachteten, machte ich in aller Herrgottsfrüh noch einen Abstecher zum Bahnhof Mrągowo. Der Güterverkehr dürfte bis dorthin
    von Czerwonka/Rothfließ aus noch aufrecht gewesen sein, da einige Kesselwagen abgestellt waren. Einige der Gleise schauten auch so aus, als ob sie in letzter Zeit befahren worden wären.

    Die Ausfahrt aus dem Bahnhof Mrągowo in Richtung Czerwonka mit Formausfahrtsignalen sowie Weichenwärterbude und handbedientem Bahnschranken im Hintergrund:

    Das ziemlich heruntergekommene Bahnhofsgebäude von Mrągowo. Die Fenster des Fdl-Dienstraumes sind vergittert:

    Die südliche Ausfahrt in Richtung Mikołajki mit den oben erwähnten Kesselwagen:


    Fotos: dr. bahnsinn, aufgenommen am 16. 9. 2011

    dr. bahnsinn - der Forendoktor