Das Speisewagnis aus der Altmark:
Einer der letzten Mitropa-Speisewagen steht im Garten und ist ein Imbiss
Foto: Peter Gercke
Artikel von: ANNETT CONRAD veröffentlicht am 18.03.2019 - 22:15 Uhr
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Gardelegen – Es gibt Männer, die spielen mit ´ner Modelleisenbahn. Und es gibt Peter Röhse (53). Der Altmärker hat seinen eigenen, 25 Meter langen Mitropa-Waggon. Und in dem bietet er Bratwurst, Soljanka und Rondo-Kaffee an.
Vor einem Jahr fiel dem Maschinenschlosser auf der Suche nach einer Geschäftsidee für sein Grundstück in Miesterhorst (600 Einwohner) ein alter Mitropa-Wagen ins Auge. „Er stand direkt an der B 188 bei Vinzelberg, war ziemlich marode“, sagt Röhse. „Einige Scheiben waren zerschlagen, innen nisteten Vögel.“
Peter Röhse hat seinen Waggonimbiss schon eröffnet, wartet auf KundenFoto: Peter Gercke
Trotzdem verliebte sich der Altmärker in den Waggon, dachte: „Das wäre doch ein perfekter Imbiss.“ Röhse kaufte den Waggon, Baujahr 1975, zum Schrottwert – immerhin noch 5200 Euro für 40 Tonnen Eisen.
Weil der Speisewagen auch in Miesterhorst an der B 188 auf Schienen stehen sollte, schippte Röhse 20 Tonnen Kies mit der Hand, legte ein Gleisbett an.
Heißen Kaffee gibt's natürlich auch im Speisewagen von Herrn Röhse (l.)Foto: Peter Gercke
Im Juli 2018 hoben Kräne den Speisewagen auf einen Schwerlaster, unter Polizeischutz kam er in das Dorf bei Gardelegen. Transportkosten: 5700 Euro.Zusammen mit seinem Vater Manfred Röhse (80) restaurierte der Schlosser dann monatelang den alten Waggon. „Da es keine Ersatzteile mehr gibt, musste ich vieles nachbauen lassen. Das Mitropa-Bordeauxrot für den Lack wurde extra angemischt.“ Etwa 20 000 Euro hat er nochmal investiert.
Für 28 Gäste ist Platz auf den Kunststoffbänken
Foto: Peter Gercke
Das Ergebnis: Mit grünen Kunststoffbänken, Alutürgriffen und Sprelacartwänden fühlen sich die Imbissgäste fast wie im Original. Für die perfekte Zeitreise sucht Röhse nun noch echtes DDR-Mitropa-Geschirr.
Die Mitteldeutsche Schlaf-und Speisewagen AG
1916 wurde die Mitteleuropäische Schlaf- und Speisewagen AG (Mitropa) gegründet. Erste eigene, bordeauxrote Eisenbahnwagen beschaffte die Mitropa ab 1924. In der DDR überlebte die Mitropa als eine der wenigen Aktiengesellschaften. Sie bewirtschaftete nicht nur Speise- und Schlafwagen.
1949 eröffnete die Mitropa in Halle das erste Bahnhofsrestaurant. Zum Ende der DDR machten 15 000 Mitropa-Mitarbeiter einen Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Mark – auf der Schiene, in hunderten Gaststätten und Kiosken sowie in sechs Hotels.