Lass rollen - Die Lokführer der Deutschen Bahn sollen noch stromsparender fahren

  • Lass rollen
    Die Lokführer der Deutschen Bahn sollen noch stromsparender fahren. Dabei setzt der Konzern nicht nur auf regelmäßige Schulungen der Triebfahrzeugführer, sondern auch auf eine spezielle Software, die die Menschen im Führerstand dabei unterstützt.
    Von Michael Donhauser/dpa

    https://www.sueddeutsche.de/auto/eisenbahn…ollen-1.4707478

    Die Deutsche Bahn hat im Bezug auf Klimafreundlichkeit einen vergleichsweise guten Ruf: "Schiene statt Straße" ist ein uraltes, wenngleich nicht sehr erfolgreiches Motto der Umweltschutzbewegung. "Bahnfahren ist Klimaschutz", sagt auch Konzernchef Richard Lutz. Doch auch die Deutsche Bahn (DB) hat Luft nach oben. Sie will noch mehr als bisher Strom - und damit auch Geld - sparen. Intelligentes Fahren soll dabei helfen.
    Marcel Tschirschwitz wirkt entspannt aber konzentriert im Führerstand des ICE. Nach dem Start in Nürnberg hat der 33 Jahre alte Lokführer gerade den Anstieg auf die Höhen des Thüringer Waldes gemeistert. Mit knapp Tempo 300 rast er auf Erfurt zu. 670 Tonnen Leergewicht im Rücken, mehr als 500 Passagiere an Bord. "Jetzt können wir das Gas zurücknehmen", sagt er, als der Zug den Kamm des Mittelgebirges überschritten hat. Tschirschwitz lässt rollen. Praktisch nur mit Motorbremse erreicht der ICE pünktlich den Erfurter Hauptbahnhof.

    Als "energiesparendes Fahren" bezeichnet die Deutsche Bahn diese Fahrweise, die die Topographie berücksichtigt. Seit vielen Jahren wird dies praktiziert, alle knapp 19 000 Lokführer durchlaufen regelmäßig Schulungen. Jetzt wird noch einmal nachgelegt: Mit der "grünen Welle", einer neuen Software, die darauf ausgelegt ist, dass die Züge möglichst noch stromsparender unterwegs sind. "Pünktlichkeit geht weiterhin vor, aber mehr Energiesparen ist weiterhin ein großes Ziel", sagt Tschirschwitz, der selbst Lokführer trainiert.


    ICE nahe Köln: Alle der knapp 19.000 Lokführer der Deutschen Bahn durchlaufen regelmäßig Schulungen zum energiesparenden Fahren.
    (Foto: Christoph Hardt/Imago/Future Image)

    Der Lokführer kann nur einen Teil der Faktoren selbst beurteilen. Den ICE ein kilometerlanges Gefälle hinunterrollen zu lassen, ohne zusätzlich "Gas" zu geben - wie am Nordhang des Thüringer Waldes - ist vergleichsweise banal. Auch die Rückgewinnung von Bremsenergie wird bei der Bahn schon viel länger praktiziert als etwa beim Auto. Die Software, "Zuglaufregelung", wie es im Eisenbahner-Deutsch heißt, aber weiß im Idealfall auch Dinge, die Marcel Tschirschwitz gar nicht wissen kann. Ist der Bahnsteig im nächsten Bahnhof schon frei? Wenn nicht, kann man rollen lassen und muss nicht Gas geben - sonst läuft der Lokführer Gefahr, seinen Zug an einem roten Signal ganz zum Stillstand bringen zu müssen, um dann mit hohem Energieaufwand wieder neu anzufahren. Aber die Schiene gehört ihm nicht allein: Vielleicht sind hinten verspätete Züge auf dem gleichen Gleisabschnitt, die Zeit gutmachen wollen?

    All diese Fragen klärt ein zentraler Rechner und spielt die Antworten zu Lokführer Tschirschwitz ins ICE-Cockpit. Der bekommt auf seinen Instrumenten dann eine Richtgeschwindigkeit angezeigt. Wenn er sie einhält, fährt der ICE so umweltfreundlich wie möglich.

    Die Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn fahren seit Anfang 2018 zu 100 Prozent mit Ökostrom, 2038 soll dies für alle elektrisch betriebenen Züge gelten. Zehn Terawattstunden elektrischer Energie verbraucht die Bahn jedes Jahr mit täglich 40 000 Zügen auf dem mit 33 400 Kilometer längsten Streckennetz Europas. Der Verbrauch entspricht in etwa dem Bedarf einer Millionenstadt wie Hamburg.


    Lokführer Marcel Tschirschwitz steuert seinen ICE möglichst energiesparend.
    (Foto: Katja Stumpp/DB/dpa)

    Eine intelligente Fahrsoftware, hat die DB errechnet, kann helfen, bis zu zehn Prozent Energie pro Strecke einzusparen. Allein zwischen München und Hamburg sind das 1300 Kilowattstunden pro Fahrt - soviel wie ein Single-Haushalt pro Jahr verbraucht. Die "grüne Welle", so ergaben Testfahrten, bringt noch einmal zusätzliche bis zu zwei Prozent Einsparpotential. Die absolute Menge des eingesparten Stroms ist finanziell bedeutsam.

    Die DB ist dabei, das neue System derzeit bundesweit auf allle Züge des Fernverkehrs - also ICE und Intercity - auszurollen. Über 90 Prozent seien bereits umgesetzt, heißt es. Im Regionalverkehr sind es bisher nur 25 Prozent. Im Laufe des ersten Quartals 2020 sollen auch alle Regionalzüge angebunden sein. Im Güterverkehr sind alle Loks im innerdeutschen Verkehr mit der Technik ausgestattet.

  • Eine NICHT ERNST ZU NEHMENDE ANTWORT:

    Das wär doch was für die Semmering-Bestandsstrecke :-))) Richtung Wien

    Und für die Physiker unter Euch:

    Ab wo könnte man z.B. einen Railjet (Küb, Eichberg, oder ...) rollen lassen ohne dass er aus der Kurve fliegt???

    Aber wie gesagt, ist nur ein Gedankenspiel

    Schönen Sonntag!