4. Eisenbahnpaket mit 16.06.2020

  • Am 16.06.2020 tritt das 4. Eisenbahnpaket in Kraft. Das Paket enthält zum Teil weitreichende Änderungen im Hinblick auf die Marktordnung, die Organisation der Eisenbahn-Unternehmen sowie die Kompetenzen und das Zusammenwirken der Eisenbahnaufsichts- und Sicherheitsinstitutionen. Die Bestimmungen werden zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand, strukturellen Umgliederungen, Meldepflichten, Überprüfungen und Nachweisverpflichtungen (gegenüber Regulierungsstellen und der Europäischer Eisenbahnagentur) führen. Für kleine EVUs kann das durchaus existenzbedrohend werden. Als Beispiel werden alle Zulassungen nicht mehr von ÖBB-Infra vorgenommen, sondern von der ERA in Lille. Vorgeschrieben werden unter anderem jährliche Ultraschallprüfungen der Radsatzwellen (vulgo Achsen) und Räder durch zertifizierte Unternehmen. Nachdem es im österreichischen Eisenbahngesetz noch immer keine Verordnung gibt, die bestimmt, was ein "historisches Schienenfahrzeug" ist und diesen somit Erleichterungen gewähren würde, trifft es vor allem die Hinterhofwerkstätten der bekannten, übel berüchtigten Rostsammler. Da die Speichenräder der Dampfloks wahrscheinlich noch nie mit Ultraschall geprüft wurden, sind entsprechende negative Überraschungen zu erwarten - siehe auch die aus diesen Gründen nie mehr einsetzbare 1018. Die sogenannte §40-Person, die im Sinne der Vereine ihre Unterschrift freunderlwirtschaftlich auf diverse Dokumente gesetzt hat, um auch nicht zugelassene Schienenfahrzeuge auf öffentliche Strecken zu lassen (Lauffähigkeitsbescheinigungen), wird es so dann nicht mehr geben, dies muss sodann von unabhängigen Gutachtern durchgeführt werden - und das wird schwierig - für die Vereine.

    4 Mal editiert, zuletzt von westbahn (5. Februar 2020 um 17:14)

  • Keine Quellen - kein Vertrauen. Das ist mein Prinzip so grundsätzlich. Bin damit nicht alleine.

    Mit freundlichen Grüßen

    *Möwengeräusche*

  • Zitat von westbahn

    weitreichende Änderungen im Hinblick auf die Marktordnung

    Die bedeutet, soweit ich das (nur am Rande) verfolgt hab, auch das endgültige Aus für Direktvergaben jeder Art (auch die "begründeten", die es jetzt in Österreich noch überall gab) - zumindest auf den vernetzten Bahnen?

    Zitat von westbahn

    ... zusätzlichem Verwaltungsaufwand ...

    Super.*

    Zitat von westbahn

    Für kleine EVUs kann das durchaus existenzbedrohend werden.

    Schön.*

    Das Prozedere mit Ausschreibungen, Prüfungen und Nachweisen kann sich vor allem bei den kleinen, schlank organisierten Bahnen tatsächlich schnell auf die Finanzen auswirken.

    Zitat von westbahn

    ... und das wird schwierig - für die Vereine.

    Toll.*

    * Bitteschön, ob das hierher passt oder nicht: Meine ganz persönliche Meinung dazu :)

  • Die bedeutet, soweit ich das (nur am Rande) verfolgt hab, auch das endgültige Aus für Direktvergaben jeder Art (auch die "begründeten", die es jetzt in Österreich noch überall gab) - zumindest auf den vernetzten Bahnen?

    Nein, bedeutet es nicht. Die begründtete Direktvergabe ist auch weiterhin möglich.


    Das Prozedere mit Ausschreibungen, Prüfungen und Nachweisen kann sich vor allem bei den kleinen, schlank organisierten Bahnen tatsächlich schnell auf die Finanzen auswirken.

    Was z.B. bei der Salzburger Lokalbahn zu Überlegungen geführt hat, auf den Netzzugang zu verzichten um Betrieb und Infra nicht trennen zu müssen. Weil sonst wird es kompliziert : Die Trennung Betrieb-Infra ist ja noch irgendwie machbar, aber dass z.B. die gleichen Elektriker einen Oberleitungsschaden reparieren und die Triebwageninstandhalung durchführen, zöge einen Rattenschwanz an Organisation im Rechnungswesen hinter sich her.

    Einmal editiert, zuletzt von grubenhunt (5. Februar 2020 um 21:04)

  • Bereits seit Ende 2019 kurbeln standardisierte Vergabeverfahren den Wettbewerb bei der Eisenbahn auf europäischer Ebene an. Allerdings sind Direktvergaben noch bis 2024 mit einer Vertragslaufzeit von 10 Jahren möglich. Die Ausschreibungen stehen allen Eisenbahnverkehrsunternehmen der EU-Mitgliedsstaaten offen. Der neue Rechtsrahmen ermöglicht es den nationalen Behörden zudem, die Leistungen genauer ausschreiben zu können. Auch Teilleistungen können laut Eisenbahnpaket zukünftig von EU-Wettbewerbern erbracht werden. Mit 2020 werden alle Eisenbahnunternehmen in der EU das Recht erhalten, kommerzielle Schienenverkehrsdienstleistungen in der gesamten EU anbieten zu können. Das Eisenbahnpaket sieht aber auch Ausnahmen vor: Um zu gewährleisten, dass Dienste aus öffentlichen Aufträgen weiterlaufen, könnten die Mitgliedstaaten das Zugangsrecht eines neuen Betreibers auf bestimmten Strecken einschränken. Die Voraussetzung für eine solche Einschränkung ist eine objektiv wirtschaftliche Analyse durch die nationale Regulierungsbehörde (bei uns die SCHIG), die dann ihre Zustimmung geben muss. Ebenso müssen mögliche Interessenskonflikte bewertet werden, um sicherzustellen, dass alle Eisenbahnverkehrsunternehmen gleichen Zugang zu Gleisen und Bahnhöfen haben.