[I] Zug-Unglück bei Mailand fordert zwei Tote

  • Italien: Weichenwartung mögliche Ursache für Entgleisung des Frecciarossa
    11. Februar 2020
    Die Staatsanwaltschaft bezieht im Zuge der Ermittlungen zur Ursache der Entgleisung des Frecciarossa AV9595 Milano – Salerno am 06.02.2020 nun auch den Netzbetreiber RFI mit ein.
    Dabei wird fünf Wartungstechnikern von RFI eine Beteiligung unterstellt. Sie haben in der Nacht vor dem Unfall an der Weiche „05“ gearbeitet, die von den Ermittlern als „geöffnet zu einem toten Gleis“ bezeichnet wurde und die Entgleisung des mit 290 km/h fahrenden Zuges ausgelöst haben soll. Die Staatsanwaltschaft hat nun einen Gutachter eingeschaltet. Die Arbeiter, von denen nur zwei direkt an der Weiche tätig gewesen sein sollen, hätten nach eigenen Aussagen die Weiche in der richtigen Position verriegelt. Die Gutachter sollen auch klären, ob das Sicherheitssensorsystem, das die Position der Weiche an das Überwachungszentrum Bologna übermitteln soll, auch funktioniert hat. Die Freigabe für die Zugfahrt sei „manuell“ erfolgt und nicht abgesichert durch die installierten Systeme, hieß es weiter. (wkz/cm)

    https://www.eurailpress.de/nachrichten/re…ecciarossa.html

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Wenn die Sicherung "manuell" erfolgte, dann werden die Übermittlungen der "Sicherheitssensoren" egal sein. Ist ja der Sinn dahinter.

    Ob die Arbeiter ein Wartungsfahrzeug in die Abstellanlage brachten und dann vergaßen, die Weiche zurück zu stellen? Nachdem das erste Fahrzeug "abflog" gehe ich nicht davon aus, dass die Sicherung versagt und die Weiche unterm Zug die Lage veränderte.

  • Anscheinend ist ein neu eingebauter Weichenteil schuld am Unfall. Nachzulesen hier:

    Bahnunfall in Italien: EU-Sicherheitsalarm wegen Weichenteil

    Eine Woche nach dem tödlichen Bahnunfall in Norditalien haben die Ermittler vor Gefahren durch ein neu eingesetztes Bauteil einer Weiche gewarnt. Marco D’Onofrio, Direktor der für Bahnsicherheit zuständigen Stelle, sagte heute bei einer Anhörung im Senat in Rom, er bereite einen EU-weiten Sicherheitsalarm vor.
    Das von der italienischen Bahn vor der Entgleisung eingebaute Produkt eines Zulieferers werde in ganz Europa verkauft, erläuterte auch der ermittelnde Staatsanwalt Domenico Chiaro in der nahe der Unglücksstelle gelegenen Stadt Lodi (Region Lombardei).
    Zwei Tote, über 30 Verletzte
    Der Frecciarossa-Hochgeschwindigkeitszug der italienischen Bahn war am Donnerstag vergangener Woche auf der Strecke zwischen Mailand und Bologna verunglückt. Zwei Lokführer starben, 31 Menschen wurden verletzt, als sich die Lok bei einer Geschwindigkeit von rund 190 km/h vom Restzug löste. Dass eine Weiche eine Rolle spielte, hatten die Ermittler früh vermutet.
    Das Teil sei in der Nacht zuvor bei Wartungsarbeiten eingesetzt worden. Nach Angaben von D’Onofrio sollen nun die zuständigen Behörden der anderen EU-Länder über die Risiken durch das Teil, ein „Stellglied“, informiert werden. Die Bahn in Italien habe den Einbau offenbar schnell gestoppt.

    red, ORF.at/Agenturen

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Das klingt aber sehr vage und ehrlich gesagt unglaubwürdig - da müssten ja ab sofort Langsamfahrorgien in ganz Europa in Kraft treten?

    You, who are indifferent to the misery of others, it is not fitting that they should call you a human being. ~ Saadi Shirazi

  • Direktor der für Bahnsicherheit zuständigen Stelle

    In Italien, nicht auf EU-Ebene. https://www.ansf.it/686
    Also abwarten, was wirklich kommt.

    Seit Viagreggio sehe ich die Schuldfrage in Italien sehr relativ.
    Kenne mich mit Weichen nicht tiefer aus, aber alleine aus der Logik: Es gibt Antriebe und Sensoren. Wenn ich jetzt den Befehl an den Antrieb gebe, in die Ablenkung zu stellen, dann bekomme ich verzögert die Rückmeldung der Sensorik, dass die Lage erreicht wurde. So weit so gut, jetzt muss es aber ein "Stellglied" geben, welches Einfluss auf beides hat. D.h. der Befehl in die Gerade zu stellen, muss auf "Ablenkung" geändert werden und wenn die Weiche die Endlage in die Ablenkung erreicht, muss dieser wiederum auch von "Ablenkung" auf "Gerade" manipuliert und ans Stellwerk übermittelt werden.

  • Italien: Falsche Verkabelung in Weiche soll Entgleisung verursacht haben 
    14. Februar 2020
    „Ein interner Defekt im Weichenantrieb wurde festgestellt." Dies ist die wichtigste Nachricht, die sich aus der Anhörung von Marco D'Onofrio, Direktor der Nationalen Agentur für Eisenbahnsicherheit ANSF, vor einem Senatsausschuss zur Entgleisung des Frecciarossa-Hochgeschwindigkeitszugs am 06.02.2020 bei Lodi ergab.
    Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen Alstom Ferroviaria. Das Unternehmen soll einen Teil des ausgetauschten Weichenantrieb (attuatore) hergestellt haben, das den Unfall verursacht haben soll. „Nach Feldversuchen scheint es eine Umkehrung der Verkabelung im Inneren des ausgetauschten Geräts zu geben“, so D'Onofrio. Die ANSF werde ein Sicherheitswarnverfahren durchführen, sobald die Einzelheiten des Bauteils und der Fertigungscharge untersucht sind, und alle europäischen Sicherheitsbehörden informieren. (gk/wkz/as)

    https://www.eurailpress.de/nachrichten/re…acht-haben.html

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Laut EÖ-Heft 3/2020, S. 136, wurden um ca. 04:00 Uhr an der Unglücksweiche Arbeiten durchgeführt, wobei ein Weichenbestandteil getauscht wurde. Während dieser Arbeiten war die Weichensteuerung deaktiviert. Die beiden Lokführer des Unglückszuges wurden von der Betriebsleitzentrale Bologna darüber informiert, dass die Weichensteuerung deaktiviert, die Weiche aber in Geradeausstellung verschraubt sei. Ungeklärt ist nachwievor, warum die Weiche trotz der anderslautenden Aussage der Betriebsleitzentrale in die Ablenkung stand. Die Weiche kann in die Ablenkung mit max. 160 km/h befahren werden, die 292 km/h, die der ETR 400 tatsächlich fuhr, waren dann doch um einiges zu schnell. Die Untersuchungen der Behörden konzentrieren sich auf die an den nächtlichen Arbeiten beteiligten Personen.

    Neben der Frage, warum die Weiche in die Ablenkung stand, wird auch noch zu klären sein, warum ETCS überhaupt eine V/max. von 300 km/h zuließ, obwohl die Fahrstraße nicht verriegelt war.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Also doch nicht der Weichenantrieb alleine.
    160 km/h ... das hätte ich von der Mechanik her nicht gedacht
    Für den Störungsfall muss es ja ein Möglichkeit geben, auch bei defekter Weichenüberwachung selbige passieren zu können, da überrascht es mich nicht, dass es das System zulässt. Oder wären dann weniger als 300 angesagt gewesen?

  • Oder wären dann weniger als 300 angesagt gewesen?

    Wahrscheinlich. Hier der EÖ-Wortlaut, der diese Annahme zu bestätigen scheint:

    Zitat von EÖ

    "Eher ungewohnt mutet an, dass auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke das ETCS eine Fahrt mit 300 km/h freigeben konnte, obwohl keine verriegelte Fahrstraße vorlag."

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Bei uns sind doch bereits ab 100km/h immer nur Weichen mit beweglichem Herzstück verbaut?!
    Die Fotos der Weiche die ich gesehen habe waren aber, wenn ich mich richtig erinnere, ohne.
    Jedenfalls ist es, wie vermutet, nun doch kein Produktionsfehler.

    You, who are indifferent to the misery of others, it is not fitting that they should call you a human being. ~ Saadi Shirazi