Lokomotivpfiffe im Wohngebiet

  • Aus gegebenem Anlass - siehe dazu die Berichterstattung im Presse-Center-Thread über den Unfall an einer EK in Statzendorf - stelle ich hier einen Artikel ins Forum, den ich in der Zeitschrift "RAUM&ORDNUNG", Heft 1/2000, herausgegeben vom Amt der NÖ. Landesregierung, gefunden habe.
    Dieser Artikel mit dem Titel: "Kein Wunschkonzert - Lokomotivpfiffe im Wohngebiet" befasst sich genau mit dieser Problematik und soll daher dem interessierten Leser zur Verfügung gestellt werden.
    Der Autor dieses Artikels ist sowohl profunder Kenner der Materie als auch der betroffenen Strecke, da er werktäglich von seinem Wohnort in der Nähe von Krems nach St. Pölten an seinen Arbeitsplatz und retour mit dem Zug pendelt.

    dr. bahnsinn

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

    Einmal editiert, zuletzt von Disponent (28. Februar 2011 um 18:45)

  • @bahndoktor: Danke für den interessanten Artikel!

    Führe hier die im Thread über den "Statzendorf-Unfall" begonnen Diskussion weiter:

    Zitat

    Betätigung des Signalhornes während der Zugfahrt im Ortsbereich mit der Folge fast wöchentlicher Beschwerden der Bevölkerung über die Lärmbelästigung!

    Leider verstehen es einige doch nicht! Gerade in Paudorf gab es in den vergangenen Monaten auch 2 Unfälle mit Beteiligten aus dem Ort !
    @kg01:

    Zitat

    zu den Beschwerden: Die gibt es bei uns natürlich auch in Hülle und Fülle, vor allem die, die neben dem Bahnhof wohnen, beschweren sich.

    Das ist sicher ein Raumordnungsproblem => Flächenwidmung => billiges Bauland neben der Bahn, Bahnhofgelände...(Autobahn, Industriegelände...)! Ich kann mich noch erinnern, wie der Bhf. Statzendorf recht einsam neben einem Gasthaus und ganz wenigen Häusern der ehemaligen "Bergwerkskolonie" in der Gegend dahinträumte. Am Gelände der früheren Kohleverladeanlagen entstand das heute noch bestehende Lagerhaus und die Fläche eines ehemaligen Gießereisandwerkes wird derzeit dicht mit Wohnhäusern verbaut! Die Wohnhäuser östlich des Bhf. inklusive Gemeindeamt entstanden auch erst nach ca. 1955! Wenn ich in unmittelbarer Nähe eines bestehenden, bekannten "Lärmerregers" einen Bauplatz oder eine Wohnung erwerbe, muss ich mir der Folgen bewußt sein!

    mfg
    2045er

  • Da ich aus dem Fachgebiet komme, weiß ich, dass es ein Raumordnungsproblem ist, das allerdings oft erst zu einem solchen gemacht wird. Meistens sind es die sogenannten "Zua'groastn", die in der Gemeinde neu sind und zu dieser daher auch noch keine Bindung aufgebaut haben.
    Die verlangen dann für ihren Einfamilienhaus-Bauplatz Fähigkeiten, die eigentlich nur die sprichwörtliche "Eier-legende-Woll-Milch-Sau" erfüllen kann.
    Der Bauplatz muss daher:
    - billig
    - verkehrsgünstig erreichbar
    - zentrumsnahe
    - neben dem Kindergarten und der Volksschule
    - neben dem Supermarkt
    - in einer verkehrsberuhigten Zone- am besten Wohnstraße
    - und vor allem frei von jeder Lärmquelle (Kirchenglocken, Verkehrslärm, Lokomotivpfiffe, Kindergeschrei, Hahnenkrähen, Vogelgezwitscher etc.)
    sein.
    Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt werden können, wird dem Bürgermeister damit gedroht, sich in der Nachbargemeinde ansiedeln zu wollen. Dort sei der Baugrund eh billiger und sowieso alles besser. Natürlich will jeder Landbürgermeister die Leute in seine Gemeinde bekommen, schließlich will er auch wiedergewählt werden. Und wir Raumplaner bekommen den Auftrag, den oben beschriebenen Eier-legenden-Woll-Milch-Sau-Bauplatz durch Baulandwidmung zu schaffen.
    Ein nicht immer ganz lustiges und konfliktfreies Unterfangen, weiß

    dr. bahnsinn aus eigener Erfahrung.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • dr. bahnsinn muss ich recht geben. Das Problem liegt nicht nur in Österreich dort!

    Interessanter Weise ist der Lärm der (eigenen) Autos weniger problematisch, als jene der teils seit über 100 Jahren hier fahrenden Bahn!

    T-Rex sagt mit Recht, dass man eben auch durch Sicherungsanlagen hier Verbesserungen für beide Seiten schaffen kann.
    In der Schweiz ist es so, dass alle Beteiligten (also auch die Kommunen) an solchen Anlagen zu zahlen haben.

    Nuller

  • Zitat

    dr. bahnsinn muss ich recht geben. Das Problem liegt nicht nur in Österreich dort!

    Interessanter Weise ist der Lärm der (eigenen) Autos weniger problematisch, als jene der teils seit über 100 Jahren hier fahrenden Bahn!

    T-Rex sagt mit Recht, dass man eben auch durch Sicherungsanlagen hier Verbesserungen für beide Seiten schaffen kann.
    In der Schweiz ist es so, dass alle Beteiligten (also auch die Kommunen) an solchen Anlagen zu zahlen haben.

    Und die Bahn pfeift, immer Vorrang hat, gegen die Einbahn fährt und hin und wieder Autos mitnimmt - zynischer Wortlaut der dortigen Leitstellen: Es kommt zu Verspätungen auf Linie xy wegen Kollision mit Fremdverschulden ;D

    LG (P.S.: Irgendwo habe ich da noch so ein schönes Foto wo beide (Bahn und Auto) auf die Vorfahrt pochten, die Bahn scheint gewonnen zu haben ;D, der TfZ musste nur mit einem weichen Lappen die Lackspuren des andersgefärbten Autos entfernen und konnte die Fahrt nach kurzem fortsetzen, das Auto (oder was davon über war) hatte da schon erheblich mehr Probleme ;D ;D ;D

    LG und liebe Autofahrer: der stärkere siegt, also Fuss weg von Gas, die Bahn kommt...

  • Zitat

    Da ich aus dem Fachgebiet komme, weiß ich, dass es ein Raumordnungsproblem ist, das allerdings oft erst zu einem solchen gemacht wird. .......

    Das ist meines Erachtens ein Fehler im österr. Recht, dass später Hinzugezogene Parteistellung(oder wie das heißt) haben. Da gibt's auch außerhalb der Eisenbahn 100erte Fälle, Spielberg ist nur einer davon, wo der Allgemeinheit zum Vorteil einiger weniger hohe Kosten entstanden sind.
    Wenn ich mich an der Autobahn etc. ansiedle, dann muss ich mich mit dem Lärm abfinden. Ich habe mich einen halben Tag auf mein zukünftiges Grundstück gesetzt und die Umgebung auf mich wirken lassen. Gegenüber ist ein Kindergarten mit einer großen grünen Fläche. Ober mir fliegen die Jets nach Schwechat. Höre ich die Süd-Ost Tangente? Ist mit die Bahn zu laut? Aber in der Nähe ist ein Gewerbepark und ein Billa. Ich kann mich auch versorgen, wenn ich altersbedingt kein Auto mehr habe.
    Ich habe mich dann für das Grundstück entschieden und bin eigentlich überrascht, dass es leiser als gedacht ist. Es wäre wahrscheinlich anders gewesen hätte ich nächtliche Totenstille erwartet.

    lgw

  • Auch im Unteren Mühlviertel scheint man offenbar ein Problem mit den den Pfiffen von Triebfahrzeugen (hier, kein Wunder bei der Affinität der Landbevölkerung zu ihrem eigenen fahrbaren Untersatz, "hupen" genannt) zu haben. Ich stelle daher für den geneigten Leser einen aktuellen Artikel aus der Perger Rundschau vom 20. 12. ins Forum.
    Man beachte, dass die Hauptübeltäterin eine neue Diesellok "des Fabrikantes Hercules" ist, deren Hupsignale ohrenbetäubend laut sind.
    Ich bin überzeugt, sollte einmal ein Tfzf. nicht "hupen" und es passiert ein Unfall, wird die Meute, bestehend aus Anrainern und Journalisten über ihn herfallen, weil er es unterlassen hat, ein entsprechendes Warnsignal abzugeben.

    dr. bahnsinn

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

    Einmal editiert, zuletzt von Disponent (28. Februar 2011 um 18:46)

  • Zwischen Krems und Herzogenburg hat man anscheinend jetzt Maßnahmen gesetzt: Im Abschnitt Krems-Statzendorf wurden 2007 insgesamt mind. 6 EK aufgelassen (4 in der Gemeinde Furth b. Göttweig, 2 in Paudorf). Weiters wurden letzte Woche auf der Gesamtstrecke manche aus alten Schienen gebaute Pfeifblöcke durch Tafeln (die wesentlich größer sind) ersetzt und kurz hintereinanderfolgende Pfeifblöcke durch Gruppenpfeifblöcke ersetzt (im Bf. Paudorf). Doch trotzdem pfeifen die meisten Lokführer leider noch nicht so, wie es sein sollte.

    Wegen der Bebauung: Ich finde es prinzipiell zwar richtig, dass gerade das Viertel rund um den Bahnhof bebaut wird, denn dadurch bekommt die "Streusiedlung" Statzendorf (samt Absdorf Kolonie, denn der Bahnhof ist eig. eine Statzendorfer Exklave in der KG Absdorf) einen einheitlicheren Charakter. Die verschiedenen, mehr oder weniger zusammenhängenden Siedlungsteile,wachsen damit wieder zusammen, nachdem sie z.T. aus historischen Gründen (Ansiedlung der Arbeiter in der "Kolonie" neben dem Kohlebergwerk am Nordkopf des Bf.) sowie wegen der Drainageierungen ab den 50ern und der rel. billigen Gründe entstanden sind und die sich ein wenig von Statzendorf Ort abgesondert hatten (u.a., da die Arbeitersiedlungen "rot" sind und der Ort "schwarz"). Leider geht dadurch Betriebsgebiet mit potentiellem Bahnanschluss verloren, wie beim Sandwerk, das in seiner Blütezeit viel per Bahn verladen hat. Heute ist der Betrieb Teil der Melker Quarzwerke und der Transport erfolgt ausschließlich mit LKW.
    Leider gibt es aber dann auch genug Leute (einige kenne ich auch persönlich), die fordern, dass überhaupt nicht mehr gepfiffen wird und die sogar diesbezüglich im Gespräch zeimlich aggressiv werden können. Soweit ich weiß, hat auch der Herr Bürgermeister bereits einmal bei den ÖBB in Bezug auf eine Lcihtanlage beim Bf angefragt; er sieht aber nicht ein, wieso die Gemeinde etwas dazuzahlen soll (mit der Begründung, es handle sich um eine Landesstraße).

  • Geh bitte, jetzt schreib endlich einmal richtig (Gruppen)PfeifPFLOCK...das tut ja genauso weh wie der Artikel weiter oben...